Reinhardtsdorf und Schöna sind verwaltungsmĂ€ĂŸig verbandelt. In beiden Orten können Besucher echte SchĂ€tze finden – in der Kirche und im Heimatmuseum.

Wer die Kirche von Reinhardtsdorf betritt, ist erst einmal ĂŒberwĂ€ltigt. Eine wahre Bilderflut bricht ĂŒber den Besucher herein. Decke, Emporen, Patronatsloge und Pfarrstand sind farbenfroh und detailreich bemalt. Der Großteil des Bilderschatzes stammt aus dem 17. Jahrhundert. Der Turmbau zu Babel, der Tanz ums Goldene Kalb und viele weitere Bibelgeschichten. Wer sucht, der findet allerlei Deutungen und Andeutungen und zudem ein historisch verbĂŒrgter Superlativ: „Die Landschaften im Hintergrund sind die Ă€ltesten erhaltenen Darstellungen der SĂ€chsischen Schweiz“, sagt Edith Auge. Die 66-JĂ€hrige ist hier verwurzelt, in Reinhardtsdorf geboren und aufgewachsen, Mitglied der Kirchgemeinde und – abwechselnd mit zwei anderen Frauen aus dem Ort – ehrenamtlich da, wenn Touristen das kunstvolle FiletstĂŒck im Ort erklĂ€rt bekommen wollen. An diesem gewöhnlichen Junitag im stillen Örtchen, einige Kilometer sĂŒdlich von Pirna und wenige jenseits der Elbe, hat sie geduldig im Innern des Gotteshauses auf dem Krippenberg gewartet.

„Die Landschaften im Hintergrund sind die Ă€ltesten erhaltenen Darstellungen der SĂ€chsischen Schweiz“

Von außen wirkt der Bau eher unscheinbar, lediglich die Front hat man in den vergangenen Jahren geweißt, den hölzernen Turm taubenblau gestrichen. Sicher verstĂ€rkt das karge Äußere den Aha-Effekt beim Eintreten ins bildgewaltige Innere noch.

„Jeder, wirklich jeder ist ĂŒberrascht“, freut sich Edith Auge – und man glaubt es ihr sofort. Was fast noch mehr ĂŒberrascht: Diese Perle bauernbarocker Bau- und Bilderkunst steht jedem von 9 bis 18 Uhr offen, von Mai bis Oktober gibt es meist dienstags 17 Uhr eine FĂŒhrung. Ohne Eintritt. Lediglich um Spenden wird gebeten.

Natur-Idylle mit Zirkelstein

Mitte des 14. Jahrhunderts ist die Kirche – damals noch als Kapelle – erstmalig erwĂ€hnt und seitdem immer mal wieder umgebaut worden. Gut erhalten sind die romanische Pforte, die zur Sakristei fĂŒhrt, Reste spĂ€tgotischer Architektur, der geschnitzte FlĂŒgelaltar aus der Renaissance wie auch das sandsteinerne Taufbecken von 1715 und natĂŒrlich die Ausmalung, mit der 1681 begonnen worden war. Der Ort selbst lĂ€sst sich bis 1368 in die Geschichte blicken, ein sogenanntes Waldhufendorf mit hauptsĂ€chlich landwirtschaftlicher PrĂ€gung. Schöna, nur zehn Jahre spĂ€ter erstmals erwĂ€hnt, liegt gleich nebenan. Der VollstĂ€ndigkeit halber muss das ebenfalls mindestens 639 Jahre alte KleingießhĂŒbel genannt werden, alle drei Orte haben sich 1973 zu einer Verwaltungsgemeinschaft zusammengeschlossen. Wer durch die Orte fĂ€hrt oder besser noch wandert, merkt schnell: Von der einstigen Landwirtschaft ist nicht viel geblieben. Stattdessen werden alle paar hundert Meter auf Schildern Ferienwohnungen angeboten. Immerhin fĂŒhrt der Malerweg, einer der beliebtesten Wanderwege in Deutschland, durch die Natur-Idylle, die von einigen alten Dreiseithöfen gerahmt wird.

In Reinhardtsdorf gibt es noch einen bewirtschafteten Steinbruch, auch die Dresdner Frauenkirche hat bei ihrem Wiederaufbau davon profitiert. Ein bisschen wie gemalt ragen Kaiserkrone und Zirkelstein aus der Wald-Feld-Wiesen-Landschaft, an manchen Stellen tut sich der Blick weit ĂŒber das Elbtal, hin zu den Schrammsteinen auf. Die meisten HĂ€user sind herausgeputzt, die GĂ€rten blĂŒh-schön arrangiert.

In der Wohnstube des Steinbrechers

„Heimatstube“, sagt ein etwas verwitterter Wegweiser in Schöna. Wer ihm folgt, findet ein Kleinod. Annegret Richter und ihr Mann Walter vom Heimatverein sind gekommen, das liebevoll restaurierte, etwa 200 Jahre alte Umgebindehaus am Dorfplatz aufzuschließen. Noch bis in die 1960er Jahre war das SchmuckstĂŒck bewohnt, seit 1998 hat der Verein es gepachtet und ein Museum daraus gemacht. Sie habe heute eben Zeit gehabt, wehrt Annegret Richter das Lob ĂŒber das detailgenau wie liebevoll eingerichtete, bauliche Zeitzeugnis ab. Stattdessen mĂŒssten Erika Ebert, Manfred Viehrig und vor allem Dieter FĂŒssel genannt werden. Letzterer habe im Moment nur sehr wenig Zeit, sei als Laienschauspieler unterwegs. Und so ist sie es, die in die „Wohnstube des Steinbrechers“ mit Spinnrad und Hand-KaffeemĂŒhle, mit besticktem Leinen und Emaille-WaschschĂŒssel bittet. Auf der anderen Seite des Flurs liegt der frĂŒhere Ziegenstall, im Fußboden eingelassen ist die Klappe zum Keller. Über eine steile Stiege geht es dann nach oben. In der ersten Etage finden die Besucher Sandstein- und Schifferzimmer und darin Tafeln, die etwas ĂŒber die Geschichte erzĂ€hlen, Sandsteinfossilien, das Modell einer MĂŒhle und eines Schiffes. Übrigens: Auch die Schönaer zeigen sich sehr besucherfreundlich: Zwar hat das Heimatmuseum nur sonn- und feiertags von 13 bis 15 Uhr geöffnet, aber Eintritt wird keiner verlangt.

Text: Thessa Wolf fĂŒr das Urlaubsmagazin SĂ€chsische Schweiz

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