Eintauchen in eine Welt der Klarheit und Stille, auf einsamen Wegen zur inneren Ruhe finden, die Felsenwelt von ihrer geheimnisvollen Seite erleben: Das ist Winterwandern in der Sächsischen Schweiz. Und dafür braucht es nicht einmal Schnee. Jahr für Jahr findet das sanfte Alternativprogramm zum Pistengaudi in Deutschlands einzigen Felsennationalpark mehr und mehr Anhänger.

Eine Person in roter Jacke, Blue Jeans und Strickmütze steht auf einer Felskante und blickt auf eine weite Felslandschaft mit steilen Klippen und spärlicher Vegetation. Die Person trägt einen großen grünen Rucksack und scheint die malerische Aussicht zu genießen.
Blick in die Felsenwelt der Hinteren Sächsischen Schweiz (c) Sebastian Thiel

Ein Hotspot im doppelten Sinne für Wintergenießer ist Schmilka. Immer im November verwandelt sich das kleine Örtchen kurz vor der tschechischen Grenze zum gemütlichen Winterdorf. Tagsüber streifen die Gäste durch den Nationalpark, abends sitzen sie am Feuer, in der Panoramasauna oder im Badezuber. Auch wir haben das Winterwanderglück in Schmilka gesucht und gefunden. Unsere Genusstour durch die Hintere Sächsische Schweiz beginnt bei 6 Grad Luft- und endet bei 39 Grad Wassertemperatur.

Eine Nahaufnahme eines hölzernen Wegweisers mit mehreren grün-weißen Schildern, die in verschiedene Richtungen zeigen und auf verschiedene Wanderwege und Ziele im Elbsandsteingebirge hinweisen, mit einer Waldlandschaft im Hintergrund.
Wegweiser im Schmilkaer Gebiet (c) Sebastian Thiel

„Aaaaahhhhh!“ Dieser Moment, wenn man nach einer anstrengenden Winterwanderung in ein heißes Bad steigt. Und wenn dieses Bad in einem romantisch beleuchteten Mühlenhof mit alten Fachwerkhäusern steht, und wenn in diesem Mühlenhof ein Kaminfeuer lodert, im Hintergrund leise Simon & Garfunkel singen, der Dampf in den Abendhimmel aufsteigt und jemand einem ein kühles, selbstgebrautes Biobier reicht … also dann muss man schon sehr scharf nachdenken, um irgendetwas zu finden, was hier und jetzt zur Perfektion noch fehlt.

Eine Person mit braunem Haar lehnt lächelnd am Rand eines hölzernen Whirlpools. Dampf steigt aus dem Whirlpool auf. In der Nähe stehen eine brennende Laterne und ein Glas Bier am Rand. Im Hintergrund sind Bäume und ein Zaun zu sehen.
Badezuberei im Winterdorf Schmilka (c) Sebastian Thiel

Genauso hatten wir uns das gedacht: eine Winterwanderung in der Hinteren Sächsischen Schweiz und ein entspannter Tagesausklang im Winterdorf Schmilka. Zugegeben, dass jemand kurz vor dem Gipfel ausrutscht und sich so richtig schön in den Schlamm setzt, war nicht geplant. Wir ließen uns davon nicht die Laune verderben. So war wenigstens für folgende Fotos die Frage nach der Schokoladenseite eindeutig geklärt.

Eine Frau mit roter Jacke, Schal und Strickmütze steigt in einem Waldgebiet eine Holztreppe hinauf. Sie trägt einen Rucksack und lächelt, während sie, umgeben von Bäumen und felsigen Klippen, hinaufsteigt. Die Szene ist hell und klar und lässt auf einen kühlen Tag schließen.
Heilige Stiege (c) Sebastian Thiel

Die Idee für diese Winterwanderung hatten wir aus der Winterwanderkarte Sächsische Schweiz, die der Tourismusverband Sächsische Schweiz herausgibt, und die in jeder Touristinfo und bei fast allen Gastgebern zu finden ist. Tour neun mit dem Titel „Schmilkaer Kessel“, acht Kilometer bzw. 3,5 Wanderstunden lang, hatte es uns besonders angetan. Dass sie als schwere Tour kategorisiert war, schreckte uns nicht ab. Immerhin war ein sonniger, trockener, frostfreier Tag vorausgesagt. Sicherheitshalber hatten wir uns dennoch im Aktivzentrum Bad Schandau ordentliche Wanderschuhe und einen guten Rucksack geliehen.

Eine lächelnde Person mit rosa Strickmütze, weißem Schal und Handschuhen hält eine Winterwanderkarte in der Hand. Sie steht draußen vor einem verschwommenen Hintergrund aus Bäumen und einem klaren Himmel, was einen kalten, aber sonnigen Tag vermuten lässt.
Winterwanderkarte Sächsische Schweiz (c) Sebastian Thiel

Schmilka ist leicht erreicht. Sogar die Dresdner S-Bahn hält hier. Es ist ihr vorletzter Stopp vor der tschechischen Grenze. Das rauchige Aroma eines Holzfeuers hängt in der Luft als wir in dem Dorf eintreffen. Ein Urlauberpärchen sitzt warm eingepackt beim Kaffee in der Wintersonne. Ein Maurer bessert den Putz eines Fachwerkhauses aus. Ansonsten träumt das Örtchen heute noch ein bisschen – legitim an einem Wochentag Anfang März. Der Trubel des Jahreswechsels ist längst vorüber und die Hauptsaison noch fern.

Eine Person in einer rosa Jacke und Jeans steigt mit einem grünen Rucksack eine Holztreppe in einem Wald hinauf. Die Umgebung ist üppig mit Bäumen und Unterholz bewachsen, und der Boden ist mit trockenen Blättern und Gras bedeckt. Die Szene ist hell, was auf Tag hindeutet.
Kurz vor der Heiligen Stiege (c) Sebastian Thiel

Kurz nach Schmilka geht es merklich bergauf. Die Straße wird zum Waldweg, der Wald- zum Bohlenweg, der Bohlenweg zur Treppe, die Treppe zur Leiter. Eine Stunde nach Beginn der Wanderung stehen wir schon hoch oben auf den Felsen und blicken bei einer heißen Tasse Tee aus der Thermoskanne hinab in den Schmilkaer Kessel, der jetzt wie eine Miniaturversion des Grand Canyon unter uns liegt. Ein heiser-kehliges aber zugleich auch sanftes „Rrrrah rrrrah“ schallt aus dem Wald zu uns herauf. Der geheimnisvolle Ruf der Kolkraben, des größten Singvogels der Erde, begleitet uns heute wie das Rauschen der Wipfel im Wind. Ansonsten schweigt die Natur.

Eine Person in einer roten Jacke, blauen Jeans und einer Strickmütze sitzt auf einem Felsvorsprung mit malerischer Aussicht auf eine bergige Waldregion. Sie hat einen Rucksack dabei und hält eine Thermoskanne in der Hand. Der Himmel ist klar mit ein paar Wolken.
Blick in den Schmilkaer Kessel (c) Sebastian Thiel

Ein Abstecher bringt uns auf den Carolafelsen. Es ist ein Top-Spot für Elbsandsteinfotografen. Doch wir lassen das Stativ heute im Rucksack und genießen einfach die Landschaft, den Frieden, die Sonne und die herrliche Luft. Nur zwei Urlauberpärchen sitzen verstreut auf den Felskuppen und tun es uns gleich. Englische Wortfetzen wehen herüber.

Eine Person in roter Jacke und Strickmütze sitzt auf einem Felsvorsprung und lächelt, während sie ein Smartphone benutzt. In der Ferne erstreckt sich eine malerische Aussicht auf weite bewaldete Hügel, Felsformationen und einen dunstigen Himmel. Neben ihnen liegt ein grüner Rucksack.
Aussicht vom Carolafelsen (c) Sebastian Thiel

Bald führt uns unsere Tour weiter über die Obere Affensteinpromenade in Richtung Großer Winterberg. Jetzt ragen beiderseits des Weges kahle Stämme in den Himmel. Wir sind verblüfft. Immerhin befinden wir uns in der streng geschützten Kernzone des Nationalparks. Eine Infotafel der Nationalparkverwaltung klärt auf: Der Borkenkäfer, ein von Forstleuten gefürchteter Schädling, darf hier ausnahmsweise weitgehend unbehelligt agieren. Er beschleunigt den erwünschten natürlichen Waldumbau, indem er gebietsfremde, ohnehin gestresste Monokulturen zum Absterben bringt. In einigen Jahrzehnten soll hier wieder robuster, natürlicher Mischwald stehen. Bis dahin müssen wir mit der apokalyptischen Kulisse an dieser Stelle leben. Ein wissendes „Rrrrah rrrrah“ krächzt ein Kolkrabe von seinem kahlen Ast uns zu.

Eine Person mit rosa Jacke, Mütze und Schal geht einen schlammigen Waldweg mit kahlen Bäumen und durchscheinendem Sonnenlicht entlang. Die Person trägt einen Rucksack und ist von einer natürlichen, ruhigen Umgebung umgeben.
Reitsteig (c) Sebastian Thiel

Unser Weg zweigt nun ab in Richtung Tal, zurück in den Schmilkaer Kessel. Es geht jetzt kontinuierlich abwärts. Links und rechts plätschern Bächlein. Gewaltige moosbewachsene Felsen säumen den Weg. Eine knappe Stunde später schimmern bereits die Dächer von Schmilka durch die Bäume. Und da ist auch wieder dieser verheißungsvolle Duft eines Holzfeuers. Diesmal gehen wir ihm entgegen.

Ein Holzschild mit einer gemalten Szene eines Flussboots auf dem Wasser, umgeben von Klippen und Bäumen. Auf dem Schild steht der Text „nach Schmilka“ mit einem roten Pfeil, der nach links zeigt. Der Hintergrund ist ein Waldgebiet mit einem weichen Fokus, der Bäume und gefallene Blätter zeigt.

Lichterketten, Kerzenlaternen, Sixties-Folk: Der Hof an der Schmilk‘schen Mühle hat sich mit der Dämmerung in eine winterliche Chill-Out-Zone verwandelt. Wir setzen uns mit einem Bierpunsch ans Feuer zu zwei anderen Kurzurlaubern, ein junges Paar aus Dresden.

Eine Person in mittelalterlicher Kleidung rührt mit einem Paddel in einem großen hölzernen Whirlpool. Eine andere Person entspannt sich im Whirlpool und streckt die Hand aus, um ein Glas Bier zu nehmen. Um sie herum steigt Dampf auf und die Umgebung hat ein rustikales, historisches Ambiente.

Der Bademeister, der heute in Personalunion auch Barkeeper und Feuerwart ist, bringt derweil mit einem riesigen Rührholz und einem Wasserschlauch den Badezuber auf Wohlfühltemperatur. Es soll die letzte Station des heutigen Abenteuers werden. Ach ja, so schön kann Winterwandern sein! Auch ohne Schnee.

An einem kühlen Tag sitzen drei Personen zusammen draußen an einer Feuerstelle. Sie tragen warme Kleidung, darunter Mützen und Schals. Sie halten Getränke in den Händen, lächeln und scheinen in ein Gespräch vertieft zu sein. Im Hintergrund sind Holzkonstruktionen und winterliches Grün zu sehen.

Noch mehr Winterwanderrouten in der Sächsischen Schweiz mit vielen gemütlichen Winter-Einkehrmöglichkeiten findet ihr hier.

Titelbild: (c) Sebastian Thiel

Text: Sebastian Thiel

Bildnachweise:

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