Gastbeitrag von Sebastian Thiel

Malerweg Etappe 2 – ein Erfahrungsbericht

Die berühmteste Aussicht der Sächsischen Schweiz, ein Raubritternest, ein romantischer Gondelsee, uralte Baumriesen, wilde Schluchten, eine versteckte Mühle, Felsspalten, Treppen, Leitern, Brücken, Wurzelwege, kleine Wasserfälle, ein plätschernder Bach , herrliche Waldluft und am Ende sogar noch ein bisschen Urwald. Das alles und noch viel mehr bietet der Malerweg Elbsandsteingebirge auf einer einzigen Tagesetappe zwischen Stadt Wehlen und Hohnstein. Nicht schlecht für elf Kilometer! An einem warmen Dienstagvormittag im Juni haben wir die erstaunliche Route erkundet.

Eine Person mit einem grünen Rucksack blickt auf die Basteibrücke, eine alte Steinbrücke, die sich über zerklüftete Felsformationen spannt, umgeben von grünen Wäldern und Bergen in der Ferne unter einem klaren blauen Himmel.

Da ist sie also, die berühmte Basteibrücke. Ein bisschen surreal wirkt das 170jährige Viadukt zwischen den knubbeligen Felsentürmen. Sandstein im Sandstein, Menschenwerk und doch längst Teil der Landschaft. Der Ausblick vom Ferdinandstein auf die eindrucksvolle Struktur ist unser erster Höhepunkt und einer der höchsten Punkte auf der Wanderung von Stadt Wehlen nach Hohnstein.

Eine Person mit einem grünen Rucksack geht durch einen dichten Wald, umgeben von hohen Bäumen und viel Grün. Der Weg vor uns ist von Bäumen gesäumt und wird von Sonnenlicht gesprenkelt, das durch das Blätterdach fällt. Die Person trägt Shorts und hat ihre Haare zusammengebunden.

Wir sind unterwegs auf dem Malerweg Elbsandsteingebirge. Es ist der ultimative Weg durch die Sächsische Schweiz: acht Tagesetappen lang und vollgepackt mit landschaftlicher Dramatik. Die Urform der Route geht auf die Maler der Romantik zurück. Vor einigen Jahren wurde der Weg an heutige Gegebenheiten angepasst, neu ausgeschildert und schon kurz darauf zu Deutschlands schönstem Wanderweg gekürt.

Eine leuchtend blaue Libelle mit transparenten Flügeln sitzt auf einer grünen Blattpflanze. Der Hintergrund ist mit Grün- und Brauntönen verschwommen und suggeriert eine natürliche Umgebung im Freien.

„06:59 Uhr“ zeigt die Anzeige am Bahnsteig der Stadt Wehlen als wir aus der S-Bahn aussteigen. Am Fähranleger treffen sich die wenigen Ausflügler, die so früh schon unterwegs sind. Außer uns nur zwei Väter mit ihren Kindern im Kindergartenalter. Eine Mutter verabschiedet ihre Tochter, die mit der Fähre in die Schule übersetzt.

Eine malerische Stadt am Flussufer mit bezaubernder Architektur, darunter traditionelle und moderne Gebäude. Eine kleine Passagierfähre liegt auf dem Fluss und spiegelt sich im ruhigen Wasser. Bäume und Grünflächen umgeben die Stadt und verstärken ihre malerische, ruhige Atmosphäre.
Foto: Stadt Wehlen Florian Trykowski

Der mediterrane Marktplatz von Stadt Wehlen, sonst quirliger Treffpunkt von Wanderern und Genießern, Einheimischen und Touristen ist noch menschenleer. Der Malerweg führt ein kurzes Stück das Elbufer entlang, bevor er sich in den Wald schlängelt. Der Höhenmesser beginnt zu zählen: 120, 140, 160, 180 Meter. Feucht und aromatisch ist die Waldluft nach einer Gewitternacht. Auf Treppen und Wurzelwegen geht es weiter bergauf zwischen riesigen Buchen hindurch in deren Wipfel die Vögel zwitschern. „Kernzone“ sagt das Schild am Wegesrand. Wir betreten jetzt also das grüne Herz des Nationalparks Sächsische Schweiz.

Auf einem grünen Schild an einem Holzpfahl in einem Waldstück steht auf Deutsch: „Kernzone. Betreten nur auf den im Gelände markierten Wegen erlaubt. Übernachten im Freien nicht gestattet.“ Der Hintergrund ist durch dichtes grünes Laub und hohe Bäume gekennzeichnet.

Bald stehen wir am „Steinernen Tisch“. Ein Tisch und vier Bänke aus Sandsteinquadern bilden eine eher unscheinbare Sehenswürdigkeit. Was nach Bauhaus aussieht, ist in Wirklichkeit Barock. Es ist das Überbleibsel eines kurfürstlichen Picknicks vor mehr als 300 Jahren. August der Starke soll höchstpersönlich an diesem Tisch gespeist haben. Mit einem Brötchen, einem Apfel, zwei Würstchen und sieben Erdbeeren tun wir es ihm gleich.

Eine Frau sitzt an einem Steintisch in einem Wald. Sie hält einen Snack in der Hand und liest ein Buch. Auf dem Tisch liegen Früchte, ein rotes Tuch und eine große Wasserflasche. Der Hintergrund ist mit üppigen grünen Bäumen gefüllt.

Ein paar Meter weiter werkeln drei Freunde aus Dresden an einer seit Jahren geschlossenen Waldgaststätte. Irgendwann soll wieder Leben einziehen in das einstmals bei Wanderern und Kletterern beliebte Lokal. Ein provisorischer Biergartenbetrieb läuft bereits.

Ein verwitterter Steinwegweiser in einem Wald. Das Schild zeigt Entfernungen zu verschiedenen Orten an: Uttewalder Grund ist 1,1 km, Stadt Wehlen ist 2,7 km und Bastei ist 0,2 km entfernt. Im Hintergrund sind verschwommene Bäume und ein mit Blättern bedeckter Waldboden zu sehen.

Wenige Minuten später stehen wir an der Basteiaussicht. Es ist der wahrscheinlich berühmteste Aussichtspunkt der Region. Die Bastei ist mit nahem Busparkplatz, Hotel und Panoramarestaurant der touristische Hotspot der Sächsischen Schweiz. Davon haben wir durch unseren frühen Start heute noch nichts gemerkt. Erst an der Felsenburg Neurathen, den Überresten einer mittelalterlichen Raubritterburg am anderen Ende der Basteibrücke, holt uns eine Reisegruppe aus China ein.

Eine Person mit einem grünen Rucksack steht auf einem Geländer eines Aussichtspunkts und überblickt eine weite, bewaldete Landschaft mit Felsvorsprüngen und sanften Hügeln in der Ferne. Der Himmel ist klar und die Szene strahlt ein Gefühl von Ruhe und natürlicher Schönheit aus.

Spätestens am Amselsee herrscht wieder himmlische Ruhe. Ab jetzt begleitet uns das Murmeln des Grünbaches, der immer wieder unter mächtigen Felsbrocken verschwindet. Seinen großen Auftritt hat der Grünbach am Amselfall, wo er etwa zehn Meter in die Tiefe plätschert.

Eine ruhige Waldszene mit einem schmalen Wasserweg, der neben einem von Metallgeländern gesäumten Pfad verläuft. Dichte Bäume säumen beide Seiten und im Hintergrund erhebt sich unter einem klaren Himmel eine schroffe, hohe Felsformation. Sonnenlicht fällt hindurch und wirft sanfte Schatten.

Kurz bevor wir bei Rathewalde aus der schattigen Idylle des Amselgrundes wieder hinauf ins Licht steigen, überrascht uns das romantische Ensemble aus mehreren Fachwerkhäuschen, die sich links und rechts des Weges an die Felswände schmiegen. Ein architektonisches Kleinod fasziniert uns besonders: eine hölzerne Kapelle mit Türmchen, die in einigen Metern Höhe förmlich am Felsen zu kleben scheint.
„Rathewalder Mühle“ steht auf einem Holzschild. Seit über 400 Jahren gibt es eine Wassermühle an dieser Stelle, lesen wir auf einer Tafel. Gastwirtschaft wird hier seit mindestens 120 Jahren betrieben. Als „Kuchenschänke“ war das Lokal im 20. Jahrhundert überregional bekannt. Dann stand es lange leer.

Ein in einen felsigen Hügel gebautes Haus mit einer Holzkonstruktion mit roten und gelben Akzenten und einem kleinen Turm auf der Spitze. Darunter befinden sich schattige Sitzbereiche im Freien mit Sonnenschirmen mit der Biermarke „Erdinger“, umgeben von üppigem Grün.

Heute wird hier gehämmert und gesägt, der Putz im Fachwerk ausgebessert. Und wieder treffen wir auf drei Enthusiasten, die einer Legende neues Leben einhauchen. Drei Brüder haben das verfallene Anwesen übernommen und bauen es Stück für Stück wieder auf. An Wochenenden und Feiertagen bewirten sie bereits Malerwegswanderer mit Kesselgulasch, Räucherforellen und kühlem Elbtalbier vom Fass. Auch eine Ferienwohnung und eine Rucksackübernachtung ist bereits fertig.

Eine Frau mit Duttfrisur, weißem T-Shirt, Shorts, Wanderschuhen und Rucksack geht an einem sonnigen Tag auf einem gepflasterten Weg durch eine üppige, grüne Landschaft. Im Hintergrund sind sanfte Hügel und ein Waldgebiet zu sehen.

Wir treten hinaus auf eine weite, offene Hochebene mit Feldern, über denen die Hitze flimmert. Die Tafelberge liegen im Dunst als ferne Kulisse hinter uns. Ein Stück des Weges führt nun auf einem schmalen Trampelpfad parallel zur Straße. Das Feld, an dem wir entlanglaufen, zeigt, wie schön biologische Landwirtschaft sein kann: Zwischen den Halmen leuchten tausende blaue Kornblumen und ab und zu roter Mohn.

Eine lebendige Wiese mit hohem grünem Gras und verstreuten blauen Kornblumen, mit einer auffälligen roten Mohnblume in der Mitte. Der Hintergrund zeigt sanfte Hügel und eine dunstige, entfernte Bergkette unter einem klaren Himmel.

Bald führt der Malerweg wieder in den Wald zurück. Von der Hocksteinaussicht sehen wir weit hinab auf das Finale unserer heutigen Etappe: das Polenztal. Mehr als einhundert Meter unter uns glitzert die Polenz in der Sonne. Von dem gegenüberliegenden Berghang grüßt unser Ziel Hohnstein mit seiner bedeutenden Barockkirche und der Burg.

Eine Person mit Duttfrisur und grünem Rucksack blickt auf eine Kleinstadt mit farbenfrohen Gebäuden, eingebettet zwischen üppigen grünen Bäumen. Der Himmel ist klar und der Blick umfasst eine Kirche mit einem hohen Kirchturm und Häuser mit roten, gelben und weißen Dächern.

Ein aus dem Felsen gemeißeltes, gotisch anmutendes Spitzbogentor markiert den Einstieg zum Abstieg. Auf Metallstufen durchschreiten wir die Wolfsschlucht, einen schmalen Spalt zwischen den beiden gewaltigen Felsen, die den Hockstein bilden. An einigen Stellen stehen die Felswände kaum mehr als schulterbreit auseinander. Wir erleben einen der seltenen und zauberhaften Momente, in denen die Sonne bis hinab auf den Grund der Schlucht scheint.

Eine Person steigt eine Metalltreppe hinab, die in felsiges Gelände gebaut wurde. Sie trägt Freizeitkleidung, darunter ein Tanktop und Shorts, und hält sich am Geländer fest. Die Umgebung ist rau, mit großen Felsformationen und nur minimaler Vegetation.

Im Polenztal angekommen schlängelt sich der Bach mit seinem klaren Wasser entlang. Warm ist es im geschützten Tal. Nur aus dem Schindergraben, einer besonders wilden Schlucht weht wie aus einer natürlichen Klimaanlage ein kühler Lufthauch mit dem Aroma von Wald, Moos und feuchten Felsen.

Eine kleine, verwitterte, mit Moos bedeckte Steinbrücke überspannt einen schmalen Bach in einem dichten Wald. Die Umgebung ist üppig mit grünem Laub und Farnpflanzen bewachsen, und im Hintergrund ist neben einem weißen Schild eine alte Holzbank zu sehen.

Unser letztes Stück Weg der heutigen Etappe führt uns ihm entgegen. Schulterhoch stehen die Kräuter und Bäumchen links und rechts des Weges, umgefallene Bäume liegen schräg in der Schlucht. Wir fühlen uns ein bisschen wie im Urwald. Tatsächlich ist die Natur sich hier weitestgehend selbst überlassen. Nur Weg und Bachlauf werden gelegentlich von groben Hindernissen befreit.

Eine Person mit einem grünen Rucksack läuft auf einem Waldweg und blickt von der Kamera weg. Ein umgestürzter Baumstamm ragt über den Weg vor ihr, umgeben von dichtem, grünem Laub und Bäumen. Die Szene ist hell und üppig und lässt auf einen sonnigen Tag schließen.

Mit etwas Wehmut treten wir aus dem Schattenreich des Waldes hinaus auf das Kopfsteinpflaster des Städtchens Hohnstein. Das Wanderabenteuer ist vorbei. Die Zivilisation hat uns wieder. An der Bushaltestelle sitzen Schulkinder im Schatten eines Baumes im Gras und warten auf den Überlandbus, der sie zurück in ihre Heimatdörfer – und auch uns zurück bringt.

Eine Person mit grünem Rucksack und Shorts geht einen sonnenbeschienenen, gepflasterten Weg entlang, der von Steinmauern und Grünpflanzen gesäumt ist. Dahinter sind Wohnhäuser mit Satteldächern zu sehen. Helles Sonnenlicht wirft Schatten auf den Weg.

Fotos: (wenn nicht anders beschriftetet) Sebastian Thiel

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