Die „Winterwanderung mit wildromantischen Aussichten und Glühweinkochen unter Felsdächern“ ist trotz ihres sperrigen Titels die beliebteste winterliche Tour durch die Hintere Sächsische Schweiz. Ich wollte herausfinden, warum – und habe mich einfach mal einer angeschlossen.

„Tolles Licht“, sagt die junge Frau neben mir. Rote Outdoorjacke, Rucksack, Mütze. Sie hat mitbekommen, dass ich versuche, genau diese zauberhafte Lichtstimmung mit der Kamera einzufangen. „Oh ja, traumhaft“, ist meine nicht sehr originelle Antwort. Danach schweigen wir wieder. Wir sind die einzigen an diesem kühlen Dezembermorgen am Anlegesteg der Fähre unterhalb des Nationalparkbahnhofs Bad Schandau.

Es ist ein filmreifer Auftritt, den der Kurort heute hinlegt. Die Wintersonne steht noch tief. Der Fluss und seine Ufer liegen im Schatten, während der Kirchturm und ein Teil der Häuser bereits im Sonnenlicht erstrahlen.

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Bad Schandau in der winterlichen Morgensonne.
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Bad Schandau von der Fähre aus gesehen.

Mit der Fähre ins Wanderparadies

Die Fähre bringt uns mitten hinein in diese Szenerie. Unterhalb der herrschaftlichen Fassade des Hotels Elbresidenz gehen wir von Bord. Mein Ziel ist das Aktivzentrum Bad Schandau. Hier will ich mich der geführten Nationalparktour „Winterwanderung mit wildromantischen Ausblicken und Glühweinkochen unter Felsdächern“ anschließen. Es ist der Publikumsliebling aller Winterwanderangebote von Bad Schandau und ich möchte wissen, warum. Im Winter startet die Tour jeden Sonnabend, 10 Uhr, sobald mindestens vier Interessenten da sind.

Wer keinen Rucksack oder keine Wanderschuhe hat, leiht sich welche.

Heute sind es deutlich mehr. Zehn sind angemeldet. Ein elfter Teilnehmer kommt spontan dazu. Es ist ein buntes Häufchen: ein junges Pärchen, eine Familie mit Kindern im Teenageralter, einzelne Frauen und Männer. Urlauber aus Rostock, Berlin und Jena. Tagesbesucher aus Leipzig, Dresden und dem Raum Meißen. Alrun und Kristin stellen sich als unsere Guides vor. Wer keinen Rucksack oder keine Wanderschuhe hat, leiht sich welche aus.

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Skywalk in Bad Schandau, eine 15 Meter lange Aussichtsplattform
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Sommerhaus des legendären Hoteliers Rudolf Sendig.

Zunächst ist die Wanderung ein Spaziergang. Bei strahlendem Sonnenschein schlendern wir zum Personenaufzug, einem technischen Denkmal aus dem Jahr 1904. Es funktioniert noch tadellos und nimmt uns auf einen Schlag fast 50 Höhenmeter ab. Oben sind wir in Ostrau, sehen zwei Luchse in ihrem Gehege, genießen einen phänomenalen Ausblick vom nagelneuen Skywalk an der Kurpromenade und passieren die romantischen Sommerhäuser des legendären Hoteliers Rudolf Sendig. Alrun erklärt uns, dass diese Häuser Ende des 19. Jahrhunderts aus vorgefertigten Bauelementen zusammengesetzt wurden. Damit zählen sie zu den ältesten Fertigteilbauten der Welt.

Das Ziel vor Augen schalten wir in den Wandermodus.

Und dann haben wir sie plötzlich vor uns. Wie vom Himmel gefallen liegen die gigantischen Felsbrocken mitten in der flachen Landschaft: der Falkenstein und rechts daneben die Schrammsteine, unser Wanderziel.

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Blick auf Falkenstein und Schrammsteine.
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Die Schrammsteine liegen vor uns. 

Angezogen von dem geheimnisvollen Gebilde, das an eine verwitterte Burg erinnert, schalten wir in den Wandermodus. Zunächst geht es über offenes Land, dann in den Wald, auf dem Klüftelweg auf feuchten Holzbohlen durch eine kleine Schlucht mit bemoosten Felswänden. Dann zeigt der Wegweiser „Lattengrund“. Eine Tafel weist darauf hin, dass wir nun Nationalparkboden betreten.

Wir müssen uns jetzt am Fuß der Schrammsteine befinden, denn es geht nun merklich bergauf, über Treppen und Wurzeln, entlang überhängender Felsen. Jacken werden ausgezogen, Mützen eingesteckt. Die Einladung zum Klettern am kinderfreundlichen Kletterfelsbrocken am Wegesrand wird von den mitlaufenden Jungs dankbar angenommen. In Nullkommanichts sind sie oben und wieder unten.

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Aufstieg zu den Schrammsteinen
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Kletterfelsbrocken am Wegesrand.

Wir blicken auf den Geburtsort des Kletterns.

Über Wurzelwege geht es immer weiter aufwärts. Dann gibt eine Lücke im Wald den Blick auf den jetzt merklich näher gerückten Falkenstein frei. Zeit für eine Verschnaufpause. Mit geröteten Wangen erfahren wir, dass an genau diesem Felsen vor über 150 Jahren Bad Schandauer Turner das Klettern erfunden haben. Ok, mit dem Klettersport im heutigen Sinne hatte die waghalsige Expedition mit selbst gebastelten Leitern damals wohl wenig gemein – außer der Freude an der Herausforderung. Aber der Grundstein für eine neue Sportart war gelegt.

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Blick auf den Falkenstein.
Winterwanderung mit Glühweinkochen (c) ThielPR, Sebastian Thiel©: Sebastian Thiel
Nationalparkführerin Alrun Flechsig erklärt den Prozess des natürlichen Waldumbaus.

An einer gefallenen Fichte erklärt Alrun, eine zertifizierte Nationalparkführerin, warum der Borkenkäfer, ein von Förstern fast überall gefürchtetes Insekt, in einigen Gebieten des Nationalparks unbehelligt agieren kann und warum der Baum hier nicht weggeräumt wird. Natürlicher Waldumbau heißt der Prozess, der es dem Lebensraum erlauben soll, wieder seine eigene Ordnung, seinen eigenen Rhythmus zu finden. Und in dieser Ordnung hat auch der Borkenkäfer Platz und Funktion.

Durch den Märchenwald zum Schrammtor

Wir folgen weiter der Wandermarkierung blauer Strich, passieren einen hellen, laublosen Birkenwald, der wie die Kulisse für einen russischen Märchenfilm wirkt und stehen schließlich vor dem „Schrammtor“. Es ist ein Spalt in gewaltigen Felsen, der das Portal zur bizarren Welt der Schrammsteine bildet. Feierlich schreiten wir hindurch.

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Wandern durch den laublosen Birkenwald.
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In den Schrammsteinen.

Und dann verkosten wir den Felsen.

Einen großen Felsen am Wegesrand mit einer besonders attraktiven gelben Farbe stellt uns Alrun als „Jungfer“ vor und lädt zur Verkostung ein. Wir sollen vom Felsen probieren? Es gehe um die salzigen Ausblühungen am Sandstein, präzisiert Alrun. Mit feuchten Fingern nehmen wir vorsichtig kleine Kostproben davon. Die meisten von uns schmecken nur Stein, sensiblere Gaumen entdecken zitronige und bittere Noten. „Richtig, das ist Alaun“, erklärt die Nationalparkführerin. „Früher wurde das Salz als natürliches Heilmittel verwendet, zum Beispiel um Blutungen zu stillen.“

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Der Felsen schmeckt zitronig.

Wir folgen dem Wegweiser zum Wildschützensteig. Warum der Weg jetzt Steig heißt, wird sofort klar. „Das ist ja wie bei Ninja Warrior“, scherzt Jenny aus Leipzig angesichts der vor uns liegenden Hindernisstrecke aus Felstreppen, Stahltreppen und Leitern, und meint einen Parcours-Wettbewerb aus dem Fernsehen. Natürlich ist es steil. Immerhin bezwingen wir jetzt das letzte Stück zum Gipfel eines Tafelbergs mit fast senkrechten Wänden.

„Ich möchte gar nicht mehr weg hier.“

Auf dem Gipfel sind es nur noch wenige Schritte bis zu einer der berühmtesten Aussichten der Sächsischen Schweiz: die Schrammsteinaussicht. Zwar ist das Wetter umgeschwungen, die Sonne versteckt sich jetzt hinter grauen Wolken und der Wind bläst eisig, aber die Aussicht auf die zerklüftete Felsenkette vor dem Elbtal ist auch so atemberaubend. Mützen und Kapuzen werden aufgesetzt, Jacken hoch geschlossen, Handschuhe angezogen.

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Eisiger Wind bläst an der Schrammsteinaussicht.
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Schrammsteinaussicht

„Ich möchte gar nicht mehr weg hier“, erklärt Christine aus Berlin. Doch der Wind und ein paar Regentropfen machen den Abschied leichter. Wir nehmen den Mittelwinkel als Abstieg. Noch einmal erwartet uns etwas Ninja Warrior: Leitern, Treppen, Wurzelwege. Doch auch Ungeübte halten locker mit. Die Kinder haben an dem abenteuerlichen Terrain ihre Freude.

Es duftet nach Weihnachten.

Auf der „Wildwiese“, einer großen Lichtung, am Fuße der Schrammsteine machen wir Pause. Es gibt hier einen Rastplatz mit einer offiziellen Feuerstelle. Zeit, die Rucksäcke auszupacken. Unsere Guides zaubern auf dem mitgebrachten Kocher aus zwei Flaschen Müller-Thurgau, frischen Orangen, Rohrzucker, spanischem Likör, Sternanis, Zimtstangen und weiteren Gewürzen im Handumdrehen einen fantastischen Glühwein. Es duftet nach Weihnachten. Spekulatius und Schokoladenschneemänner machen die Runde. Erik, der eigentlich aus Prag stammt und jetzt an der Ostsee wohnt, macht aus den Holzresten unserer Vorgänger ein kleines Feuer.

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Kristin und Alrun kochen frischen Glühwein.
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Orangen, Sternanis und Zimtstangen verfeinern den Glühwein.

Schnell breitet sich die Wärme des herrlich fruchtigen Getränks im ganzen Körper aus. Das Feuer wärmt von außen. Ein großartiger Moment. Ich blicke in viele glückliche Gesichter. Sandra aus Leipzig sagt: „Wir wollten heute eigentlich auf den Dresdner Striezelmarkt gehen, aber dann haben über Facebook von der Winterwanderung erfahren und uns spontan dafür entschieden. Es gefällt mir super, weil man mehr erfährt, als wenn man alleine unterwegs ist.“

Winterwanderung mit Glühweinkochen (c) ThielPR, Sebastian Thiel
Viele glückliche Gesichter.

Mit der Tasse in der Hand spazieren wir noch über die Wiese und betrachten das Panorama dieser einmaligen Felsenwelt. Fehlt nur noch der Schnee.

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Rückweg nach Bad Schandau. Es wird bereits dunkel.
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Abstieg nach Bad Schandau.

Als wir anderthalb Stunden später wieder über Ostrau nach Bad Schandau hinabsteigen, wird es bereits dunkel. Die Lichter der weihnachtlich gestimmten Häuser schimmern durch die Bäume. Und wieder beweist die Stadt ihr Talent, sich gekonnt in Szene zu setzen. Runde Sache.

Informationen zur Tour und zum Winterwandern

Winterwandern in der Sächsischen Schweiz

Aktivzentrum Sächsische Schweiz

Text: Sebastian Thiel

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