Bässe, Celli und Pauken erzählen in bedrohlicher Dissonanz von finsteren Schluchten, Violinen und Holzbläser mit lieblichen Motiven von friedvollem Hügelland: Große Komponisten haben die dramatische Landschaft der Sächsischen Schweiz in Musik übersetzt. Doch längst ist die markante Felsenwelt nicht mehr „nur“ Ort der Inspiration, sondern auch Aufführungsort: Hochkarätige Klassikfestivals und spannende Konzerte laden an manchmal ungewöhnlichen Orten zum naturnahen Kulturerlebnis.
Richard-Wagner-Spiele: ein Wagner-Sommer in Graupa
„Gott sei Lob, ich bin auf dem Lande … in der reizendsten Gegend von der Sächsischen Schweiz und fange wieder an, als Mensch und Künstler aufzuatmen“, schreibt Richard Wagner im Jahr 1846 aus Graupa dem Schriftsteller Karl Gaillard. Zwischen Mitte Mai und Ende Juli macht Wagner in dem malerischen Ort in der Sächsischen Schweiz, der heute zu Pirna gehört, Urlaub, erholt sich von der Arbeit als Hofkapellmeister in Dresden. Inspiriert von der Landschaft, bringt er hier erste musikalische Skizzen für die Oper Lohengrin zu Papier.
Die Richard-Wagner-Stätten in Graupa erinnern jedes Jahr mit einem sommerlichen Veranstaltungsreigen an den Aufenthalt des Meisters. Höhepunkt sind die Richard-Wagner-Spiele (21.-22. Juni 2019). Am Freitag, 21. Juni geht es auf eine musikalisch-romantische Reise durch den deutschen Wald. 15 Cellisten lassen bekannte und unbekannte Melodien zum Thema erklingen. Am Sonnabend, 22. Juni, treffen Wagner, Beethoven und Goethe aufeinander. Zu hören sind Wagners E-Dur-Sinfonie-Fragment und seine Faust-Ouvertüre, umrahmt von Auszügen aus „Eine Pilgerfahrt zu Beethoven“. Im zweiten Teil ertönt Beethovens Schauspielmusik zu Goethes „Egmont“.
Für die Jüngsten organisieren die Richard-Wagner-Stätten die Veranstaltungen „Wagner für Kinder“. Am 26. Mai ist die Oper „Tannhäuser“ in einer kindgerechten Version mit Sängern der Dresdner Semperoper zu erleben, am 15. September das Musikdrama „Tristan und Isolde“.
Wagner für Kinder
Tannhäuser: 26. Mai 2019
Tristan und Isolde: 15. September 2019
Richard-Wagner-Spiele
21. Juni | 22. Juni 2019
Internationale Schostakowitsch Tage Gohrisch mit Jubiläumsprogramm
Über 100 Jahre nach Wagner bringt ein weiterer bedeutender Komponist in der Region ein großes, sehr persönliches Werk zu Papier. Die Welt ist nach Revolutionen und zwei Weltkriegen eine andere. Der eiserne Vorhang trennt die geschundenen Völker Europas. Die Epoche Romantik ist nur noch wie ein ferner schöner Traum, eine Kategorie für Kunsthistoriker. Der Weltschmerz der Künstler ist geblieben.
Der Komponist ist Dmitri Schostakowitsch. Im Juli 1960 verbringt er einige Tage im Gästehaus des Ministerrates der DDR im Kurort Gohrisch. Eigentlich war Schostakowitsch in die DDR gekommen, um die Musik für einen sowjetischen Spielfilm zu schreiben, in dem die Rote Armee die Dresdner Kunstschätze rettet. Herausgekommen ist stattdessen eines seiner meist gespielten Werke.
Unter einer Rotbuche an einem Teich findet er ein lauschiges Plätzchen, um nachzudenken. „Die Gegend ist unerhört schön. Übrigens gehört sich das für sie auch so: Die Gegend nennt sich ‚Sächsische Schweiz’. Die schöpferischen Arbeitsbedingungen haben sich gelohnt: Ich habe dort mein 8. Streichquartett komponiert“, schreibt er an seinen besten Freund Isaak Glikman.
Seit 2010 bekommt der Künstler mit den Schostakowitsch Tagen in Gohrisch einmal im Jahr ein musikalisches Denkmal gesetzt. Die zehnten Internationalen Schostakowitsch Tage finden vom 20. bis 23. Juni statt. Im Fokus des Jubiläumsprogramms stehen die drei russischen Komponisten Schostakowitsch, Prokofjew und Strawinsky. Zum ersten Mal ist Schostakowitschs Suite für Varieté-Orchester in der Konzertscheune zu hören und der „Walzer Nr. 2″. Aber auch Kammermusikwerke, wie das besagte 8. Streichquartett. Von Strawinsky erklingt eine Bearbeitung seines frühen „Feuervogel”, von Prokofjew unter anderem das „Symphonische Märchen für Kinder“.

10. Internationale Schostakowitsch Tage Gohrisch
20. bis 23. Juni 2019
www.schostakowitsch-tage.de
Festival Sandstein und Musik: Klassik in ehrwürdigen Gemäuern
Das Urgestein unter den Musikfestivals in der Sächsischen Schweiz ist „Sandstein und Musik“. Seine Geschichte reicht zurück bis in die frühe Nachwendezeit. Als der Startrompeter Ludwig Güttler und seine Mitstreiter im Jahr 1992 mit der Idee für ein Klassikfestival an verschiedenen Orten in der Sächsischen Schweiz auf Partnersuche gehen, begegnet ihnen zunächst Zurückhaltung. Die Idee sei großartig, funktioniere aber hier nicht, bekommen sie zu hören.
Die Initiatoren lassen sich nicht beirren. Ein Jahr später findet das Klassikfestival „Sandstein und Musik“ zum ersten Mal statt. Es wird zu einer festen Größe im Veranstaltungskalender der Region. Jahr für Jahr kommen Menschen aus der Umgebung, aus Dresden und von weit her, um ein facettenreiches Konzertprogramm in Schlössern, Kirchen, Burgen oder Steinbrüchen zu hören.
In diesem Jahr erlebt das Festival seine 27. Auflage. „Schätze unserer Heimat“ ist das Motto des aktuellen Jahrgangs. Die Kompositionen, die zu hören sein werden, stammen zu einem großen Teil aus Sachsen, Mitteldeutschland oder Mitteleuropa. Das Spektrum reicht dabei vom barocken Orgelwerk bis zum Tangoensemble. Das junge, international ausgezeichnete Aris Quartett aus Berlin gibt beispielsweise am 30. Juni in der Evangelischen Kirche in Struppen sein Debüt bei „Sandstein und Musik“ und wendet den Blick dabei auf das benachbarte Tschechien. Die Dresdner Salon-Damen entführen am 7. September in „Ich bin von Kopf bis Fuß…“ in die goldenen 20er, 30er und 40er Jahre. Der Pianist Peter Rösel gestaltet am 8. September einen Bach-Schumann-Abend.
27. Festival Sandstein und Musik
bis 8. Dezember 2019
www.sandstein-musik.de
Internationaler Bad Schandauer Orgel- und Musiksommer: von geistlicher Musik bis Jazz
Nur wenig jünger als „Sandstein und Musik“ ist der Bad Schandauer Orgel- und Musiksommer. 1995 organisierte die Kantorenfamilie erstmals eine Konzertreihe in der mehr als 300 Jahre alten St. Johanniskirche im ältesten Kurort der Sächsischen Schweiz. Ursprünglich ausschließlich der Orgelmusik gewidmet, wird das Spektrum von Jahr zu Jahr breiter. Zur sakralen kommen Kammer- und Chormusik, sinfonische Konzerte und Musikprojekte. Der „Internationale Bad Schandauer Orgel- und Musiksommer“ wird ein Besuchermagnet. Seit 2012 unter der künstlerischen Leitung der Kirchenmusikerin Daniela Vogel.
Auch in diesem Jahr findet er wieder statt. Bis 27. September musizieren vorwiegend am Freitagabend Musiker aus Deutschland und dem Ausland in der St. Johanniskirche und in der Barrockkirche Reinhardtsdorf. Auf historischen Instrumenten wie dem Barockbass und der Barockvioline spielt das „beau son ensemble“ aus Dresden am 28. Juni. „Die Thronfolgerinnen“ aus Zürich präsentieren am 9. August A-Capella-Gesang mit Werken aus 400 Jahren Musikgeschichte. Am 30. August ist das Shinagawa String Orchestra aus Japan mit Werken von Bach, Dvorak sowie japanischen Volksweisen zu erleben.
24. Internationaler Bad Schandauer Orgel- und Musiksommer
7. Juni bis 27. September 2019
www.schandau.hiller-musik.de
Text: Angela Zimmerling
Fotos:
Titelfoto Schostakowitsch-Tage im Kurort Gohrisch. © Oliver Killig
Schostakowitsch-Tage im Kurort Gohrisch. © Oliver Killig
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